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Gedanken eines werdenden Soziologen zum Ende des Studiums

2. Dezember 2020

In den meisten Gesprächen die ich mit Menschen führe, kommt irgendwann heraus, dass ich studiere. „Oh was denn?“ ist dann die logisch konsequente Frage des Gegenübers. Auf meine Antwort: „Soziologie… im Master mittlerweile“ erhalte ich fast ausschließlich positive, wenn auch meist ein wenig zurückhaltende Reaktionen: „Uhh spannend, was macht man denn da so genau?“ ist häufig die Folgefrage. Bevor ich zu sehr ins Detail abdrifte, belasse ich es bei einem kurzen: „Allgemein gesagt, untersucht man die Gesellschaft in all seinen Facetten“. 

Dieser Satz führt bei meinen Gegenübern zwar sicherlich nicht zu einem besonderen Wissenszuwachs, aber dieser scheint auch gar nicht von Interesse zu sein. Die eigentliche und für die Gesprächspartner offensichtlich spannendere Frage ist nämlich: „ja… und was macht man dann damit, also später?“ 

Und da sind wir am Hauptproblem angekommen. So facettenreich wie die Soziologie selbst, ist auch das Jobportfolio, welches sie, zumindest theoretisch, bedient. In einem Artikel der University of Michigan*  wird gezeigt wie breit die Berufe ihrer Soziologie-Absolventen gefächert sind. Von NGO Consultants bis hin zu Pflegekräften und der Politik ist alles dabei. Es gibt diese breiten Jobmöglichkeiten also tatsächlich. Das geläufige „Taxifahrerimage“ bekommt man trotzdem nicht los; vor allem dann nicht, wenn man selbst keine genauen Vorstellungen hat, in welche berufliche Richtung man mit seinem Master in Soziologie gehen will, wie es unter anderem auch bei mir der Fall ist. 

Ein Grund dafür liegt mitunter in den Stellenausschreibungen der Unternehmen, allen voran in der freien Wirtschaft. Zwar liest man mittlerweile häufiger, dass ein Abschluss in Sozial- seltener Geisteswissenschaften, ins Profil passt, bevorzugt werden dennoch Abschlüsse aus den Wirtschafts- und Naturwissenschaften gesehen. Je nach Stelle kann das natürlich vollkommen berechtigt sein. Jedoch werden die sozial- und geisteswissenschaftlichen Studiengänge meines Erachtens in der Wirtschaft unterschätzt (nicht zuletzt, weil auch hier Statistik und quantitative Methoden gelehrt werden, aber das ist ein anderes Thema). 

Den Grund sehe ich unter anderem in der oben dargestellten Unwissenheit über die Studiengänge selbst bzw. viel mehr über die Denkweisen, die in ihnen vermittelt werden. Ein sozialwissenschaftliches Studium wie die Soziologie zwingt zum ständigen Hinterfragen. Zumindest wird das von den meisten Professoren versucht, was die Studierenden daraus machen, ist ihnen überlassen. Kritik und qualitative Interpretation seitens der Studierenden sind nach wie vor elementarer Bestandteil des Studiums (selbst wenn ein Trend hin zur Quantifizierung sichtbar ist). Eine kritische, hinterfragende und interpretative Denkweise sucht man in den Wirtschaftswissenschaften meist vergebens. Hier werden Formeln und Theorien auswendig gelernt, um sie am Ende des Semesters in einer kurzen und knappen Prüfung schnell wiedergeben zu können. Ein Grund warum ich mich entschloss nach vier Semestern Wirtschaftswissenschaften den Studiengang zu wechseln, denn ich halte die angesprochene sozial- und geisteswissenschaftliche Denkweise für elementar in der Wirtschaft. 

Meiner Meinung nach kann jeder Thinkpool, jedes Consultingprojekt und jede Abteilung eines Unternehmens durch Diversität und Pluralität, nicht nur geschlechtlich oder sozio-kulturell, sondern eben auch in der Auswahl der Studienabschlüsse profitieren. Nicht umsonst sind Quereinsteiger immer mehr gefragt, was ebenso gut zeigt, dass der bzw. ein Studienabschluss eventuell nicht so entscheidend ist, wie bislang angenommen. 

Um abschließend doch noch einmal soziologisch zu argumentieren: Natürlich werden Studierende durch die Institution der Universität mit all ihren Begleiterscheinungen (Freunde, Vorlesungen, Seminare etc.) auf besondere Weise sozialisiert. Dennoch sollte man nicht außer Acht lassen, in welchen Communities man sich außerdem bewegt. Ich zum Beispiel fahre Snowboard und surfe und habe (auch dadurch) einen sehr diversen und vor allem kreativen Freundeskreis. Zudem übe ich mehrere Teamsportarten aus, bei denen man sehr viel über Teamgefüge und ein respektvolles Miteinander lernt. Das alles, da bin ich mir sicher, wird für einen späteren Job mindestens genau so viel wert sein, wie mein Studium, ganz egal wie der Studiengang eigentlich heißt. Unternehmen stellen schließlich Menschen, ihr Wissen, ihre Erfahrungen und ihre Fähigkeiten ein und keine Studienabschlüsse… sollte man meinen.

*https://lsa.umich.edu/content/dam/soc-assets/soc-documents/BachelorsinSociology.pdf

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